Very bad hair day
- Sarah Bug

- 18. Dez.
- 2 Min. Lesezeit
Meine Haare langweilen mich, also muss eine neue Frisur her. Etwas kürzer, weniger Stufen, nix Wildes. Aber anders. Eine kurze Internetrecherche sagt mir, dass das, was ich will, im Frisörjargon "Bob" heißt. Heute weiß ich, dass das, was ich wollte, genau genommen ein "Long Bob" ist. Ja, heute weiß ich das.
Also gegoogelt, kurz überlegt, ob ich ein, zwei Bob-Bilder screenshotten soll, aber zu dem Ergebnis gekommen, dass dieser Aufwand (ein Klick. Oder zwei) nicht nötig ist - es soll ja nur ein Stück abgeschnitten werden. Easy. Bob, so kinnlang oder etwas länger - kinderleicht, wie ich meine. Bobeldibob.
Ich treffe also bei meiner Frisörin ein, gehe seit fast zehn Jahren zu ihr. Mag sie, ihren Style, ihren Laden, die Musik, die sie dort auf ihrem Plattenspieler spielt. Ich mag alles da. Erzähle ihr von dem Plan der neuen Frisur ("deutlich kürzer, so halblang, Bob oder?, also so kinnlang") und zeige mit meiner Hand deutlich unter mein Kinn. Dann lehne ich mich entspannt zurück, nippe am frisch servierten Kräutertee aus der Vintage-Tasse und liebäugele mit dem riesigen Pistazien-Croissant, das ich mir kurz zuvor in der türkischen Bäckerei gegönnt habe. Das wird schön hier heute. Denke ich.
Als es dann ans Schneiden geht denke ich zwar, dass meine Frisörin schon recht weit oben im Nacken anfängt, vertraue ihr aber voll. Alles andere wäre jetzt auch zu anstrengend. Kräuteree. Pistazien-Croissant. Bobbeldibobbelob.
Das Croissant ist himmlich und, schnipp schnapp, sind meine Haare auch schon ab und es geht ans Fönen. Was nun deutlich schneller geht als sonst, die Haare sind ja jetzt kürzer. Deutlich kürzer. "Oh, die sind aber kurz" höre ich mich sagen und schaue verwundert auf das Haarknäuel auf meinem Kopf. Statt kinnlang eher mundwinkellang. Und da mein Haar generell eher wellig, füllig und sehr widerspenstig ist, wellt und dreht sich alles noch viel kürzer auf meinem Kopf rum. Boppala.
Die Frisörin findet es "eigentlich ganz gut" und ich fühle mich, wie zuletzt vor 20 Jahren nach einem Frisörbesuch: Beschissen. Also nach Hause und mir einreden, dass bestimmt nur ich so entsetzt bin. Meine 11-jährige Tochter, mein größter Fan, ist sicherlich begeistert und wird mich aufbauen. Auf sie ist Verlass. Als sie jdeoch von der Schule nach Hause kommt und die "Frisur" auf meinem Kopf sieht, lässt schon ihr Blick kein euphorisches Jubeln erwarten. "Ja, nee, finde ich auch zu kurz" stammelt sie entsetzt. Sie ist eindeutig nicht begeistert. Das will was heißen.
Ich will das Drama mit einer Freundin sharen und texte, dass ich "wie ein Penis mit Haaren" aussehe, schicke den Post bei all dem Frust aber an meine Mutter. Die Freundin schickt schließlich ein "Fleabag"-Zitat ("I look like a pencil" - auch auf verschnittene Haare bezogen) und ich erinnere mich an den so weisen Satz von Fleabag: "Hair is everything". So true. Every-fucking-thing. Meine Mutter hingegen entgegnet das einzig Vernünftige, nämlich dass ja jetzt Mützenzeit sei.